Gibt es ein Menschenrecht auf Musik?


 

Die Musik bildet einen der Grundpfeiler des Menschseins. Trotzdem muss ihre Stellung in Gesellschaft und Politik immer wieder neu erkämpft werden.
 

Bratschistin Tina Strinning mit Kindern

Niklaus Rüegg – Das menschliche Recht auf musikalische Teilhabe und Bildung ist in breiten Bevölkerungsschichten unbestritten, doch ist der Zugang zur musikalischen Bildung nach wie vor alles andere als selbstverständlich. Dabei hat die Musik in der Entwicklungsgeschichte des Menschen eine zentrale Bedeutung. Je früher etwas in der Entwicklung der Menschheit auftaucht, desto eher gehört es zur menschlichen Natur. Untersuchungen beweisen, dass die musikalische Ausdrucksfähigkeit zum Menschsein gehört, gibt es doch schon in der Urgeschichte Beweise für musikalische Betätigungen. In der Aufklärung verstand man unter Bildung die Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten und Talente. Dieses humanistische Bildungsideal wirkt bis heute fort, muss aber immer wieder neu erkämpft werden.
In der Entwicklung des Kleinkindes sind Klänge essenziell, und das lange vor der artikulierten Sprache. Bereits im Mutterleib hat Musik nachweislich einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Fötus. Die Lieder, die die Mutter während der Schwangerschaft singt, ja sogar die Stimmen seiner Nächsten, erkennt das Neugeborene später wieder. Sie geben ihm Sicherheit und Geborgenheit.

Die Konjunktur der Menschenrechte

Als Reaktion auf den zweiten Weltkrieg rückten die Menschenrechte Mitte des vergangenen Jahrhunderts weltweit in den Fokus des Interesses. In der Allgemeinen UNO-Erklärung der Menschenrechte (AEMR) aus dem Jahr 1948 ist zwar nicht die Rede von einem Menschenrecht auf Musik, doch gibt es in diesem epochalen Dokument zwei Artikel, aus denen sich ein solches konstruieren lässt: Art 26 - Recht auf Bildung, Erziehungsziele, Elternrecht und Art 27 – Freiheit des Kulturlebens. Wenn also Musikmachen, Musik- und Instrumentalunterricht zur Kultur bzw. zur Bildung gehören, dann hat der musizierende Mensch ein Recht auf musikalische Bildung und auf Teilhabe an der Musikkultur. Die in der AEMR formulierten Grundsätze sind zwar rechtlich nicht bindend, doch sind sie von jedem der fast 200 Staaten, die es weltweit gibt, anerkannt worden. Geraume Zeit später wurde das Recht auf kulturelle Bildung an zwei UNESCO-Weltkonferenzen zur Kulturellen Bildung (2006 in Lissabon und 2010 in Seoul) genauer definiert: Bezugnehmend auf besagte Artikel 26 und 27 der AEMR - und ausserdem auf die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 - wird der Begriff «Kulturelle Bildung» auf sämtliche Kunstsparten, insbesondere die Musik, erweitert.
Für jene, die sich musikalisch betätigen, gehört die Musik schon längst zwingend zur kulturellen, ja zur allgemeinen Bildung. Diese Überzeugung ist inzwischen auch in der Politik angekommen: Das Konzept der Kulturellen Bildung wird in verschiedenen Staaten als Umsetzungsinstrument zur Realisierung kultureller Teilhabe angeführt. In der Schweiz stellt die Kulturelle Teilhabe seit 2016 gar eine der strategischen Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes dar.

 

Bundesverfassung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft

Grosser Schritt für die musikalische Bildung

Vier Jahre zuvor, am 23. September 2012, erlebte die Schweiz ein kleines musikalisches Erdbeben: Das Schweizer Volk befürwortete in einer Volksabstimmung mit fast 73 Prozent Ja-Stimmen den Gegenvorschlag des Bundes auf die Initiative «Jugend und Musik», welcher die Förderung der musikalischen Bildung von Kindern und Jugendlichen, die Begabtenförderung, einen hochwertigen Musikunterricht an Schulen sowie den Zugang der Jugendlichen zum Musizieren in der Bundesverfassung festschreibt. Die Bedeutung dieses Schritts kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er bestätigt und «legalisiert» das Menschenrecht Musik nicht nur, sondern erhebt es gar zur «Menschenpflicht». Unabhängig davon, wie viel dieser Verfassungsartikel am Ende bringt, er ist ein klares Votum für die Unverzichtbarkeit von Musik in der Bildung. Und auch «gebracht» hat er schon einiges. Wie bei allen politischen Prozessen in der Schweiz dauert auch in diesem Fall die Umsetzung seine Zeit, doch präsentiert sich das Resultat dafür in der Regel umso solider. Vor drei Jahren wurde als erster Teil der gesetzlichen Umsetzung des Verfassungsartikels 67a «Musikalische Bildung» das Breitenförderungsprogramm «Jugend und Musik» ins Leben gerufen. Analog zum Programm Jugend und Sport können sich seitdem diplomierte Musiklehrpersonen zu Jugend und Musik-Leitenden ausbilden lassen und als solche für Musikkurse und -lager vom Bund Geldbeträge beziehen. In der neuen Kulturbotschaft 2021-2014 ist als zweiter Teil der Umsetzung die Begabtenförderung vorgesehen. Insgesamt beabsichtigt der Bund in den nächsten vier Jahren für die Kulturförderung jährlich 35 Millionen mehr auszugeben als bis anhin. 8,3 Millionen entfallen auf die Jugendmusikförderung.

Der Kampf um die Etablierung der Musik als selbstverständlicher Bestandteil des Bildungskanons ist nicht abgeschlossen. Wie bei allen wichtigen Gesellschaftsprojekten muss sich jede Generation wieder neu damit auseinandersetzen und für das Recht auf Musik kämpfen.

 Manfred Göbel (Facebook) schrieb am 17.10.2020 um 19:25
Na logo ! Dialektik:
I. Es gibt ein Menschenrecht auf ein menschliches Leben.
II. Musizieren ist Leben.
Ergo, es gibt ein Menschenrecht auf Musizieren, auf Musik im Leben.
 Herbert Kleiner schrieb am 24.11.2020 um 18:53
Musik sowie jede Komposition für Viola sind von Gott erlaubt,auch wenn sie nicht von jedem verstanden wird und nicht für jeden spielbar ist.Musik ist kein Thema für Binsenweisheit und Buchstabengelehrtsein.L.v.Beethoven sagt"Musik und Generalbaß sind in sich abgeschlossene Dinge über die man nicht weiter disputieren soll".(siehe Beethoven Biografie von Schindler)

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